Corona-Panik: 4 Tipps gegen die Angst

Amelie Haupt | 07-04-2020 | 7 min Lesezeit
Was ist, wenn … ? Wenn ich meinen Job verliere, weil mein Arbeitgeber in drei Monaten pleite geht? Wenn ich bald die Miete nicht mehr zahlen kann? Wenn jemand aus meiner Familie an Corona erkrankt? Wenn ich sie dann nicht mal im Krankenhaus besuchen kann? Wenn … Stopp! 

Vielleicht versetzen dich gerade ähnliche Gedanken in Panik? Dein Sympathikus, also der Teil des vegetativen Nervensystems, der für deinen Kampf-oder-Flucht Instinkt verantwortlich ist, schlägt gerade permanent Alarm. Deine Herzaktivität nimmt zu, dein Blutdruck steigt, vielleicht bekommst du schwitzige Hände oder deine Nackenmuskulatur verkrampft sich. In der Steinzeit war diese Körperreaktion sinnvoll. Der Überlebensinstinkt trieb unsere Vorfahren zur Höchstleistung an, um vor dem oft zitierten Säbelzahntiger wegzurennen oder ihn zu bekämpfen.

Wir hingegen können unseren Säbelzahntiger nicht einmal von Angesicht zu Angesicht gegenübertreten – zumindest nicht ohne Mikroskop. Genauso wenig können wir – ob mit oder ohne Ausgangssperre – auch nicht vor dem winzig-kleinen Eindringling davonlaufen. Außer Händewaschen, an der Supermarkt-Kasse 1,5 m Abstand halten und möglichst viel Zuhause Bleiben, haben wir gerade wenig Macht über den wohl kleinsten Säbelzahntiger, der die ganze Welt in Atem hält.

Furcht besiegt mehr Menschen als irgendetwas anderes auf der Welt. – Ralph Waldo Emerson

Und doch gibt es etwas, das wir tun können. So wie sich auch unsere Vorfahren nach der aufregenden Konfrontation mit dem Raubtier in die Sicherheit ihrer Höhle zurückzogen, können wir uns ebenso einen Zufluchtsort schaffen. Damit meine ich weniger das physische Heim – denn da fällt dir vielleicht mittlerweile die Decke auf den Kopf – sondern in unserem Inneren. Da wir keine direkte Kontrolle über unser vegetatives Nervensystem und noch weniger über die Corona-Krise haben, ist es umso wichtiger, sich auf die Dinge zu konzentrieren, die wir auch kontrollieren können. Dazu zählen zum Beispiel unsere Gedanken. Auch wenn das nicht immer leicht fällt, können wir unsere geistige Höhle mit positiveren Gedanken ausstatten, um der Angst weniger Raum zu geben. 

Im Folgenden habe ich für dich – und mich – vier wissenschaftlich fundierte Strategien recherchiert, wie wir in Zeiten der Corona-Panik möglichst gelassen bleiben.

1. Panik versus Vernunft

Panik versus VernunftUm zu erklären, wie sich Panik von Vernunft unterscheidet, nehmen wir mal ein relativ simples Beispiel, über das gerade viele Witze gemacht werden: Wenn alle Anderen wie die Verrückten Klopapier kaufen, dann muss ich mir auch einen extra Vorrat anlegen, bevor alles ausverkauft ist. Klingt vernünftig, nicht wahr? 

Ängstliche Gedanken sind ein Meister der Tarnung: Sie schaffen es, sich als die Stimme der Vernunft auszugeben. Denn wir sind es gewohnt, unseren Gedanken zu vertrauen, die für gewöhnlich rationaler Natur sind. Wenn die Emotionen die Kontrolle übernehmen, erkennen wir nicht sofort, dass nun jemand anderes am Steuer sitzt. [1] [1] Wie Emotionen deine Gedanken lenken: Psychology Today (2016) The Power of Emotions to Override Rational Thought  Doch bei genauerer Betrachtung können wir den Hochstapler entlarven. Wahre Vernunft zeichnet sich zum Beispiel durch die Suche nach Beweisen aus und stellt vorläufige Schlussfolgerungen in Frage: 

Kaufen die anderen wirklich wie die „Verrückten” oder wurde vielleicht nur eine Packung pro Haushalt extra gekauft? Wie viel Klopapier liegt wohl noch in den großen Zentrallagern der Supermärkte? Haben die Leute vielleicht im ersten Impuls panisch ein paar Rollen mehr gekauft, sich nun aber wieder beruhigt?

Die Stimme der Panik spricht außerdem in Schwarz-Weiß-Ansichten, während die Stimme der Vernunft die Dinge differenziert betrachten kann. Es haben sicher nicht alle anderen nun einen Klopapier-Vorrat für die nächsten 25 Jahre gebunkert. Und die Leute kaufen auch nicht wie die Verrückten, sondern nur etwas mehr als gewöhnlich – schließlich verbringen sie ja nun auch mehr Zeit zu Hause.

Nun hast du eine Idee, wie du ängstliche Gedanken entlarven kannst: zum einen durch kritische Fragen und zum anderen durch das Erkennen von Schwarz-Weiß-Mustern. Es ist aber gar nicht so leicht, diese negativen Gedanken auf Anhieb zu erkennen und aus dem Verkehr zu ziehen. Ein hervorragendes Training, um zum achtsamen Verkehrslotsen deiner Psyche zu werden, ist Meditation.

Der Mensch: ein vernunftbegabtes Wesen, das immer dann die Ruhe verliert, wenn von ihm verlangt wird, dass es nach Vernunftgesetzen handeln soll. – Oscar Wilde

2. Mit Meditation den Tiger zähmen

Wenn wir an Meditation denken, dann sehen wir uns mit geschlossenen Augen im Schneidersitz auf einer Bastmatte hocken, während wir auf unseren Atem achten und von irgendwo eine Klangschale ertönt. Aber was genau bewirkt Meditation eigentlich mit unseren Gedanken, außer dass sie uns irgendwie ruhiger und gelassener machen soll? Lass uns ein kleines Denkspiel machen:

Wenn plötzlich ein lebensgroßes, 400 kg schweres Raubtier mit rasiermesserscharfen Zähnen und Krallen vor dir stünde, dann würde, wie oben beschrieben, dein Nervensystem durch die Decke gehen. Adrenalin rauscht durch deinen Körper und du entscheidest in Sekundenschnelle, ob du kämpfst oder fliehst. Wenn du dir die schlimmsten Szenarien für die Corona-Pandemie ausmalst, dann beschwörst du diesen Säbelzahntiger in dir selbst auf. Der Tiger steht nicht vor dir, er tobt in deinem Kopf. 

 Wir leiden mehr in der Vorstellung als in der Realität. – Seneca

In der Meditations-App von 7Mind findest du spezielle Kurse, um den Tiger von deiner inneren Höhle fernzuhalten und dir somit einen angstfreien Rückzugsort zu erhalten.

Durch die Meditation lernst du außerdem, das Raubtier als das zu erkennen, was es ist: eine Produktion deines eigenen Vorstellungsvermögens. Das soll in keinem Fall heißen, dass der Corona-Virus nicht gefährlich ist. Aber die urmenschliche Kampf-oder-Flucht-Strategie hilft dir in diesem Fall nicht weiter. [2] [2]  Ein Blick in die Zukunft: Matthias Horx (2020) Die Welt nach Corona   Was du brauchst, ist innere Ruhe und vor allem einen klaren Kopf – ohne Säbelzahntiger darin.

Keine Corona-Panik dank Meditation - Mann im gelben Schutzanzug meditiert

3. App-Blocker gegen die virale Panikmache 

Der Corona-Säbelzahntiger ist leider ein unermüdlicher Jäger und lauert dir immer wieder auf. Sein vornehmliches Jagdrevier sind Fernseher und Smartphones. Bereits vor der Corona-Krise haben die Medien auf Angst als Verkaufsschlager gesetzt. Heute verbreitet sich nicht nur der Erreger viral, sondern auch Eilmeldungen und Schreckensnachrichten verteilen sich auf dem gesamten Globus wie im Lauffeuer. Limitiere deinen Medienkonsum, damit der neuzeitliche Tiger sich nicht in deiner inneren Höhle einnistet. 

Zum einen kannst du deine Informationskanäle auf wenige, vertrauenswürdige Quellen reduzieren und damit Immunität gegenüber den gefährlichen Mythen und dem Halbwissen aus deinem Facebook-Feed aufbauen. Hier bieten sich auch Langzeitformate gut an, um schwarz-weiß Schlagzeilen etwas nuancierter betrachten zu können. Schau dir lieber eine 30-minütige Dokumentation an, anstatt fünf kurzer Video-Clips auf Facebook. 

Zum anderen helfen dir App-Blocker, feste Zeiten für deinen Medien-Konsum zu setzen. Du könntest dir zum Beispiel ein Zeitfenster von 18 Uhr bis 20 Uhr einrichten, in dem du dich über die Lage der Welt informierst. Anschließend hat dein Nervensystem dann noch genug Zeit, sich von der Konfrontation mit dem Tiger zu erholen, und dein Schlafzimmer verwandelt sich zurück von der prähistorischen Steppe in die neuzeitliche Version der heimischen Höhle.

Mit der Offtime-App und mit Self-Control kannst du alle Apps blockieren, die dich aus der Ruhe bringen. Wenn du Facebook für den beruflichen Austausch in Gruppen und Nachrichten nutzt, unterbindet Kill News Feed wenigstens die Flut an Corona-Posts. Oder ersetze deine Facebook-Startseite durch ein inspirierendes Zitat dank Eradicator

Unsere Favoritenliste der besten App Blocker, um deine mentale Gesundheit zu schützen, findest du hier.

4. Dankbarkeit und Gemeinschaftssinn

„Wer dankbar ist, kann positive Gefühle bewusster genießen und erlebt langfristig weniger negative Gefühle wie Wut, Schuld, Trauer, Angst, Neid oder Sorge. Wer dankbar ist, kann leichter mit Belastungen und Stress umgehen und schläft zudem besser. [3] [3] Einzigartige und langfristige Effekte von Dankbarkeit Emmons, R., McCullough, M. (2003): Counting Blessings Versus Burdens: An Experimental Investigation of Gratitude and Subject Well-Being in Daily Life  Wer dankbar ist, verhält sich hilfsbereiter und stärkt auf diese Weise seine sozialen Bindungen.” [4] [4] Ausschnitt aus dem 6-Minuten-Tagebuch: Dominik Spenst Deine Dankbarkeit  Zu guter Letzt reduziert Dankbarkeit sogar die Angst vor dem Tod. [5] [5] Dankbarkeits-Interventionen bei Brustkrebspatienten: Otto et al. (2016) Effects of a randomized gratitude intervention on death-related fear of recurrence in breast cancer survivors. 

Lies auch: „Wie Dankbarkeit dein Gehirn verändert”

Wenn du an all die wunderbaren Geschenke in deinem Leben denkst, wäre es eine fast unmögliche Gehirnakrobatik, gleichzeitig negative und angsteinflößenden Gedanken zu haben. Wenn du deinen Kopf mit positiven Gedanken ausfüllst, dann gibt es keinen Platz mehr für den Säbelzahntiger. Außerdem eignet sich Dankbarkeit wunderbar zum Weiterverschenken an. Denn wie der deutsche Philosoph Albert Schweitzer schon vor 150 Jahren sagte: „Glück ist das einzige, das sich verdoppelt, wenn man es teilt.”

Und genau das solltest du tun! Sei dankbar für all die Menschen, die dir nahe stehen und zeige ihnen das auch. Die Forderung der „sozialen Distanz” heißt zwar, physisch auf Abstand zu gehen, aber dank der digitalen Revolution können wir in dieser beispiellosen Krise unseren Gemeinschaftssinn wiederbeleben. Egal ob Handy, Skype oder Dosentelefon: Jetzt ist ein hervorragender Zeitpunkt, Oma und Opa anzurufen oder dich wieder mit deiner alten Klassen-Clique wieder zu verbinden. Statt auf anonyme Partys zu gehen, kannst du die Renaissance der intimen Zweier-Treffen genießen. Fahr nicht mit den Öffis quer durch die Stadt zu deinen Freunden, sondern bleib auf dem Balkon und verabrede dich mit deinem Nachbarn zum Feierabend-Bier. Lass uns den Virus isolieren – aber trotzdem nahbar bleiben.

Keine Corona-Panik dank Dankbarkeit - Pärchen mit Gesichtsmasken trinkt Milchshakes

Mit stärkenden Gedanken gegen die Corona-Panik

Es ist ganz normal, in Zeiten der Ungewissheit und der Krise Angst zu haben. Es ist auch ganz normal, manchmal in die Panik abzurutschen. Aber das Beste, was du nun für dich selbst und deine Mitmenschen tun kannst, ist, Dankbarkeit, Achtsamkeit und Selbstliebe zu praktizieren – jetzt mehr denn je! Verbanne den Säbelzahntiger aus deiner inneren Höhle. Schließlich haben wir mit der Corona-Krise schon genug zu tun – da brauchen wir nicht auch noch ein Raubtier im Kopf. 

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Dieser Beitrag stammt von Amelie Haupt. Sie ist dank ihrem Studium der Wirtschaftspsychologie die „Psycho-Tante“ vom 6-Minuten Verlag. Mag ihre Texte, wie ihr Leben: mit Struktur. Die braucht sie auch, wenn sie wieder mal als digitale Nomadin unterwegs ist.

Quellen:

[1] Wie Emotionen deine Gedanken lenken: Psychology Today (2016) The Power of Emotions to Override Rational Thought

[2] Wie wird die Welt nach Corona ausshen? Matthias Horx (2020) Die Welt nach Corona

[3] Einzigartige und langfristige Effekte von Dankbarkeit Emmons, R., McCullough, M. (2003): Counting Blessings Versus Burdens: An Experimental Investigation of Gratitude and Subject Well-Being in Daily Life

[4] Ausschnitt aus dem 6-Minuten-Tagebuch: Dominik Spenst Deine Dankbarkeit

[5] Dankbarkeits-Interventionen bei Brustkrebspatienten: Otto et al. (2016) Effects of a randomized gratitude intervention on death-related fear of recurrence in breast cancer survivors. 

 

8 Kommentare

Hi Julia,

Thank you for your comment.

Urbestself 22 April, 2020

Hallo Amelie.

Die Tipps für mehr Gelassenheit helfen wirklich gerade sehr und unterscheiden sich auch auf angenehme Weise von dem Wust an Ratgeber-Texten, von denen man gerade überschwemmt wird. Vielen Dank dafür.

Christoph 14 April, 2020

Danke Amelie für die klaren, motivierenden und weisen Worte 😊
Mit diesem Artikel habe ich mir nun mehr Klarheit im Corona Jungle geschaffen.
LG aus Neuseeland

Sebastian 09 April, 2020

„Furcht besiegt mehr Menschen als irgendetwas anderes auf der Welt." dieses Zitat von Ralph Waldo Emerson passt gerade so gut. Verrückte Zeiten in denen wir leben, aber ja! wir sollten uns auf das konzentrieren, was wir auch kontrollieren können. Danke für diese vier sehr brauchbaren Tipps :)

Jojo 08 April, 2020

Danke! Ihr seid großartig.

Nicoletta Hammerl 08 April, 2020

Danke für den Beitrag, ich lese bei euch echt immer Sachen, auf die ich sonst nirgendwo anders stoße und das ist einer der Hauptgründe, warum ich eure Beiträge so schätze! LG, Petra

Petra 08 April, 2020

Ich liebe euren Blog und freue mich immer sehr über neue Artikel. Schon beim lesen merke ich, wie ich immer ruhiger und gelassener werde!

Macht weiter so! :)

Jula 08 April, 2020

Genau, was ich jetzt gebraucht habe. Danke!

Carola 07 April, 2020

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